Am 29. März ging es los. Wir trafen uns am Flughafen in Luxemburg und begannen unsere Reise mit Taschen voller Sonnencreme, Badesachen und im Fall von Lea einem Koffer voller Essen: „Eine Notration. Wer weiß, was die Spanier so anbieten?“ Die Anreise verlief unproblematisch – bis auf das Gastgeschenk von Alisia. Das wurde an der Sicherheitskontrolle einkassiert. Wer rechnet schon damit, dass Honig als Flüssigkeit gilt?
Nach der ersten Nacht in den Gastfamilien treffen sich die Gäste aus Morbach und Carcassonne mit ihren jeweiligen Gastschülern, präpariert mit Sonnencreme, kurzer Kleidung und einem gepackten Rucksack. Wie jeder weiß, regnet es im Süden von Teneriffa nie. Die spanische Lehrerin sagte schon beim Vorbereiten des Projekts: „Ihr müsst ja immer einen Plan für schlechtes Wetter machen. Das brauchen wir zum Glück nicht.“ Und so standen wir dann um 9:30 unter einem Sonnendach, um uns zumindest ein wenig vor dem strömenden Regen zu schützen. Nur Maissa blieb trocken. Sie war „etwas“ verspätet.
Zum Glück hielt der Regen nur eine Stunde an und wir konnten uns danach von der Sonne trocknen lassen und gemeinsam einen tollen Tag verbringen, bei dem erste Annäherungsversuche stattgefunden haben. Trotz der Wolken und der Sonnencreme haben am Abend fast alle Deutschen einen Sonnenbrand.
Am Montag ging es dann erstmalig in die Schule – oder den Knast? – Um 8:00 schließt das große Eingangstor und wird erst wieder um 14:00 geöffnet werden. Bis dahin dient uns eine, einladende‘ Garage, in die kaum alle Teilnehmer hineinpassen, als Klassenraum. Erstmalig treffen wir dort auf die italienischen Gäste.
Das anstehende Programm ist spannend. Wir haben uns mit Dilemma-Fragen, wie beispielweise „Würdest du ein hässlicheres Handy nutzen, wenn es dafür nachhaltiger ist?“ auseinandergesetzt. Ein Quiz zu erneuerbaren Energien durchgeführt, das verschiedene Herausforderungen beinhaltete – vom Zahlenrätsel bis hin zu einer interaktiven Mülltrennungssimulation. Hierbei zeigte sich, dass nachhaltiges Denken oft noch nicht verinnerlicht ist, aber durch praktische Übungen gefördert werden kann. Aber auch die Auswertung der im Vorfeld gemeinsam durchgeführten Woche zum Sparen von Ressourcen wird vorgenommen. Nach einem intensiven Vormittag erholen sich die Schüler am Strand, bevor der Tag bei einer Partie Bowling ausklingt.
Blick aus dem Fenster am Dienstagmorgen: Alles ist nass. Es hat also schon wieder geregnet und die Wolkenwand über dem Meer sieht auch nicht gerade einladend aus. Von der Schule geht es per Bus nach el Médano. Hoffentlich erwischt uns der Regen nicht komplett. Aber wir haben Glück, diese Regenwand zieht knapp am Strand vorbei.
Dort angekommen berichtet der spanische Lehrer über die Biologie der Insel und insbesondere dieses Küstenabschnitts. Dabei wird die Notwendigkeit des Umweltschutzes sehr deutlich und gemeinsam sammeln alle Teilnehmer – und Frau Faust – Müll am Strand. Ausgestattet mit Handschuhen und Müllsäcken finden wir nicht nur Plastikabfälle, sondern auch Überreste von Fangnetzen und Baumaterialien. Diese Aktion verdeutlichte, wie wichtig der bewusste Umgang mit Abfällen ist und wie jede kleine Maßnahme zur Erhaltung der Umwelt beiträgt.
Die anschließende zweistündige Frühstückspause nutzen die deutschen Schüler, um auf die Suche nach Meerestieren zu gehen. Sie sind begeistert davon, einen Seestern, eine Seegurke, diverse Krebse und andere Tiere zu entdecken.
So langsam zeigt sich auch die Sonne. Sofort kommen diverse Spanier und weisen die von den Vortagen geröteten Deutschen darauf hin, dass sie sich besser vor der Sonne schützen müssten und sich eincremen sollten. Als ob das nicht eh schon alle – mehrfach – getan hätten.
Danach wird die Fahrt zu Iter Canarias, einem Forschungszentrum für erneuerbare Energien, fortgesetzt. Dort erhielten wir, nachdem Lea wegen ihres Sonnenbrands vom Guide mit einem Tuch bedeckt wurde, spannende Einblicke in die Möglichkeiten und Herausforderungen der nachhaltigen Energiegewinnung auf den Kanaren. Besonders interessant war die Diskussion über Offshore-Windkraft, die aufgrund der Meerestiefe schwierig zu realisieren ist. Die anschließende Besichtigung von Windkraftanlagen zeigte eindrucksvoll, wie erneuerbare Energien gesteuert und effizient genutzt werden können.
Technische Innovationen standen ebenfalls im Mittelpunkt: Ein Roboter wurde vorgestellt, der speziell für nachhaltige Anwendungen entwickelt wurde. Leider zeigte sich in der Praxis, dass es noch einige technische Herausforderungen gibt – ein gutes Beispiel dafür, dass Innovation oft von Rückschlägen begleitet wird und stetige Weiterentwicklung erfordert.
Am späten Nachmittag gibt es dann erneut die Möglichkeit ein wenig am Strand zu entspannen. Gemeinsam wird Volleyball nachfolgender Regel gespielt: Wenn der Ball auf den Boden kommt, muss der Schuldige ins, kalte‘ Meer. Für die Deutschen eine Belohnung, für alle anderen eine Strafe.
Der Mittwoch beginnt bewölkt und feucht. Heute steht die „internationale Konferenz der Innovationen“ der spanischen Partnerschule im Theatersaal von Adeje an. Eingeladen sind diverse Schulen der Insel, Gäste aus anderen Regionen Spaniens und die Teilnehmer des Erasmusprojekts. Der Saal ist beeindruckend. Vor dieser Kulisse sollen wir gleich unser Projekt vorstellen? Noch dazu auf Englisch?
Gut vorbereitete Präsentationen, Schüler, die zweisprachig und im Abendkleid durch das Programm führen und die vielen Anwesenden lassen die Aufregung weiter steigen.
Bei der Präsentation unseres Projektes klappt zum Glück alles reibungslos, sodass wir anschließend mit großem Applaus, einer Urkunde und einer Medaille für den Mut belohnt werden.
Die anschließende Stadtführung kommt uns etwas spanisch vor.
Gegen Ende der Führung macht sich das Gerücht breit: Morgen ist die Schule geschlossen. Sturmwarnung. Tornado. Windgeschwindigkeiten über 150 km/h. Völliger Ausnahmezustand.
Und etwas später ist es offiziell. Auf der ganzen Insel wird der Unterricht aus Sicherheitsgründen ins Homeschooling verlagert. Bedeutet für uns: das angedachte Programm muss leider ausfallen.
Noch wundern wir uns, dass die spanische Lehrerin sagt: „Wir dürfen morgen kein Programm machen. Geht am besten an den Strand oder ins Meer.“
Am Abend treffen sich Schüler und Lehrer zum gemeinsamen Abendessen in einer Bananenplantage. Tolle Location. Wir sitzen zwischen den Bananenpflanzen und dürfen sogar frisch geerntete Bananen mitnehmen.
Der Tag des Sturms beginnt feucht, aber nicht stürmisch. Eigentlich typisch deutsches Aprilwetter. Ob wir in Deutschland auch umsetzen könnten, an solchen Tagen sicherheitshalber zu Hause bleiben zu müssen? Alle warten das Ende des Regens in ihren Häusern ab, bevor es dann nachmittags auf Tour geht. Die Einen fahren in den Norden der Insel, andere gehen zum Baden an den Strand und die Lehrer begeben sich auf das Plateau am Fuß des Teide und versuchen dort vergeblich den Sturm zu finden.
Am Freitag geht es ein letztes Mal in den „Knast“. Auf dem Programm steht diesmal: Basteln mit Müll. In Gruppen werden schicke Kunstwerke von Meerestieren angefertigt. Durch das tolle Wetter – bisher hat es heute noch nicht geregnet – entfallen nervige Wartezeiten zum Trocknen des Gemalten oder Geklebten. Nur die Lehrer bekommen von dem Programm wenig mit. Sie sind mit organisatorischen Sachen beschäftigt. Danach gibt es noch ein gegenseitiges Feedback über die schönsten Erlebnisse der Woche, positive Charaktereigenschaften der Teilnehmer und des neu Gelernten. Am Nachmittag steht noch ein letztes Highlight an. Eine Bootstour auf dem Atlantik zur Erkundung der Meeresbiologie. Leider entpuppen sich die meisten Teilnehmer als nicht sehr seetauglich. Nur die beiden Schüler, die später gerne Meeresbiologe werden wollen, merken auf der Fahrt, wie toll dieser Beruf sein kann. Auch Herr Kurz ist seefest und darf das Schiff zunächst auf dem Meer und später dann sicher in den Hafen steuern. Ein Detail fehlt aber noch: Natürlich durfte der Regen am Abend nicht fehlen.
Somit endet eine erlebnisreiche Woche und wir machen uns am Samstagnachmittag – dem ersten komplett regenfreien Tag – auf den Weg zurück nach Deutschland, wo wir dann auch Sonntag kurz nach Mitternacht ankommen und uns schon auf das erste Sturmfrei in Deutschland freuen.